Wenn der Tabellenneunte gegen den Tabellenzehnten spielt, geht es meistens nicht mehr um viel. Beide Mannschaften haben nur noch theoretisch etwas mit dem Abstieg zu tun und den Klassenerhalt so gut wie sicher. In dieser Partie geht es aber um mehr. Der Tabellenplatz 9 ist in dieser Spielzeit in der Staffel Nord für die Qualifikation für den Pokalwettbewerb des Deutschen Handballbundes in der nächsten Saison das Maß aller Dinge. Neben den Teams aus der ersten und zweiten Bundesliga und den Pokalsiegern der Länder sind die jeweils sechs besten Teams aus den vier Staffeln der 3. Ligen im Pokal startberechtigt. Allerdings nur jeweils eine Mannschaft pro Verein und da in der 3. Liga Nord mit dem SC Magdeburg 2, der SG Flensburg/Handewitt 2 und dem TSV Burgdorf 2 drei Reserveteams auf einem Pokalplatz stehen, rücken die Teams auf den Plätzen 7 bis 9 nach.
Somit geht es am Sonnabend in Oranienburg um mehr als nur eine gute Platzierung in der Abschlusstabelle. Die Oranienburger sind aktuell mit 27:27 Punkten zwei Punkte besser als die Turnerschaft Großburgwedel und werden alles daran setzen, Tabellenplatz 9 zu verteidigen. Mit einem Sieg in Oranienburg könnte die TSG aber wieder am HC vorbeiziehen und für die beiden letzten Spieltage das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Gegebenenfalls könnte beim Saisonfinale bei Punktgleichheit sogar der direkte Vergleich von Bedeutung sein. Hier geht die TS Großburgwedel mit einem 29:24-Hinspielerfolg in das Rückspiel am Sonnabend.
Ansonsten kann der OHC in dieser Spielzeit gerade vor eigenem Publikum eine gute Bilanz vorweisen. In der heimischen MBS-Arena war Oranienburg in 77 Prozent der Spiele erfolgreich. Nur die Teams aus Burgdorf, Flensborg und Dessau-Rosslau nahmen zwei Punkte mit auf die Heimreise. Alle anderen zehn Heimspiele wurden, teilweise auch nur mit einem Tor, von der Heimmanschaft gewonnen. Somit wird sich die Turnerschaft am Sonnabend warm anziehen müssen. Die Gastgeber haben zuletzt gegen Altenholz und in Stralsund zwei Erfolge am Stück feiern können und werden diese Serie ausbauen wollen. Doch auch die TSG hat zuletzt aufsteigende Form bewiesen und sich von verletzungsbedingten Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen. Gerade die erste Halbzeit der Begegnung vom vergangenen Wochenende gegen Tabellenführer Dessau-Rosslau sollte der Turnerschaft dabei Mut machen. Die nach Aussage von Trainer Jürgen Bätjer besten dreißig Minuten dieser Saison haben gezeigt, dass die TSG gegen jeden Gegner aus Liga 3 Siegchancen haben kann. Wenn Einsatz, Wille, Leidenschaft und Emotionen stimmen und auch spielerisch ein klarer Kopf bewahrt wird, kann Großburgwedel Berge versetzen. Diese Eigenschaften werden auch am Samstag in Oranienburg gefragt sein. Die TSG nimmt eine gehörige Portion Selbstvertrauen mit auf die Reise in den Nordens Berlin.
Auch das bisher überwiegend gute Auftreten der Turnerschaft in der Fremde gibt Grund zur Hoffnung. Die junge TSG-Truppe konnte auswärts schon neun Zähler sammeln und hat dabei noch zwei bis drei weitere Punkte erst in den letzten Sekunden verschenkt. Die TSGer scheinen sich durch eine große Kulisse in fremden Hallen beflügeln zu lassen. Bei den Heimspielen des Oranienburger HC sind im Schnitt 800 Zuschauer in der MBS-Arena, die ihre Mannschaft unterstützen. Diese Atmosphäre liebt die TSG und es hat fast den Anschein, als wenn Sören Kress & Co. ohne eigene Fans befreiter aufspielen, als wenn sie zu Hause vor nur 300 Zuschauern auflaufen.
Beim 29:24-Hinspielerfolg der TSG konnte OHC-Rückraumshooter Dominic Kehl an die kurze Leine genommen werden und nur drei Feldtore erzielen. Dies war einer der Schlüssel zum Großburgwedeler Erfolg am 28. November 2015. Der allesüberragende Spieler der 3. Liga Nord, dem im bisherigen Saisonverlauf schon 216 Tore glückten, ist das Herzstück der Oranienburger. Er hat bisher über 30 Prozent aller OHC-Tore geworfen und nur, wenn er in seinem Bannkreis eingeschränkt werden kann, wird die Turnerschaft eine Siegchance haben. Aber auch David Sauß (83 Tore) und Robin Manderscheid (73) sind nicht zu vernachlässigen. TSG-Trainer Jürgen Bätjer wird sich etwas einfallen lassen müssen, um die Kreise dieser Spieler einzuschränken. Dabei kann er auf immer weniger Personal zurückgreifen. Zur mit Niklas Ihmann, Finn Liedtke, Maurice Herbold und Lennart Koch ohnehin nicht kleinen Verletztenliste musste nach dem letzten Spiel auch noch Lennart Carstens hinzugefügt werden. Der TSG-Abwehrchef musste im Spiel gegen den Dessau-Rosslauer HV bereits nach 15 Minuten mit einer Knieverletzung ausscheiden. Ein genaues Untersuchungsergebnis steht noch nicht fest, ein Einsatz in Oranienburg ist aber ausgeschlossen.