Mit einer neuen Regierung in Berlin erhöhen sich die Chancen, dass Cannabis in absehbarer Zukunft legal gekauft werden kann. Jetzt lesen.
Wenige Monate vor der Bundestagswahl im September zeichnet sich ein Kurswechsel in der Drogenpolitik ab. Profitieren könnte dabei Cannabis (Hanf), welchem seit Jahrzehnten eine Front verbotstreuer Politiker gegenübersteht, die sich vor allem aus den Lagern rechts der Mitte des politischen Spektrums rekrutiert. Doch nun wendet sich die SPD, langjähriger Koalitionspartner der Union, von der rigiden Verbotspolitik der Christdemokraten ab.
Mit Spannung werden die Wahlen nicht nur von Konsumenten in Deutschland erwartet, auch Produzenten und Anbieter europaweit verfolgen die Geschehnisse mit steigendem Interesse. „Wir bereiten uns und unsere Produktpaletten schon seit Jahren auf die Legalisierung des Hanfs vor“, so die Betreiber des Online-Shops Zamnesia.
Hanf – eine Jahrtausend alte Nutzpflanze
Hanf war der Menschheit schon weit vor unserer Zeitrechnung bekannt. Unsere Vorfahren pressten wohlschmeckende und gesunde Öle aus den Samen und fertigten robuste Kleidung aus den Fasern an. Die Wirkstoffe der Cannabispflanze fanden Einzug in naturheilkundliche Methoden und waren bis Anfang des 20. Jahrhunderts Hauptbestandteil von Schmerzmitteln, bis sie von Aspirin abgelöst wurden.
Druck auf Berlin wächst
Mitte des letzten Jahrhunderts geriet das nützliche Gewächs aufgrund eines Zusammenspiels politischer und wirtschaftlicher Interessen auf die Verbotsliste vieler Staaten der Erde. Anfang des letzten Jahrzehnts begann die Front gegen Cannabis zuerst in Nordamerika und Kanada zu bröckeln. Heute bekennen sich viele Staaten zu einer liberaleren Einstellung und lassen Cannabis neben medizinischen Zwecken auch für den Freizeitgebrauch zu.
Berlin konnte sich zu solch einer Einstellung noch nicht durchringen, obwohl der Druck vor allem von Verbündeten in der EU stetig wächst.
SPD ändert die Haltung in der Cannabisfrage
Wenn es um die Parteien geht, welche im Herbst für eine Koalition infrage kommen, steht die Union mit ihrer bislang rigide vertretenen Verbotshaltung allein da. Bei den möglichen Partnern steht eine Legalisierung auf der Agenda. So wird der Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Heidenblut, zitiert, dass “das Parteiprogramm zur Wahl noch nicht final feststehe, es aber nach aktuellem Stand eine Neuausrichtung speziell hinsichtlich einer Cannabis-Legalisierung vorsieht”. Zuvor wurden Vorstöße einzelner sozialdemokratischer Abgeordneten aus Gründen der Koalitionsdisziplin abgeschmettert.
In ihrem überarbeiteten Wahlprogramm fordert die Fraktion einen schrittweisen Richtungswechsel mithilfe von Modellprojekten zur regulierten Abgabe von Cannabis. Jugendliche sollten von Präventions- und Beratungsmaßnahmen begleitet werden. Der Besitz kleiner Mengen soll nicht mehr verfolgt werden. Dadurch würden enorme Ressourcen bei Polizei und Justiz freigesetzt. Grundsätzlich ist der Paradigmenwechsel darin zu sehen, dass erkannt wird, dass Verbote und Kriminalisierung einer effektiven Suchtprävention und dem Jugendschutz diametral gegenüberstehen.
Grüne stehen für eine liberale Cannabispolitik
Die meisten Umfragen gehen zumindest von einer Regierungsbeteiligung der Grünen während der nächsten Legislaturperiode aus. Diese haben in ihrem Wahlprogramm ein
Cannabiskontrollgesetz verankert. Dies sieht die Aufhebung des Verbotes und den Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften vor.
Die Grünen gehen davon aus, dass das Cannabisverbot mehr Schaden anrichtet als Nutzen verbreitet. Sie setzen auf eine wirksame Prävention, auf Entkriminalisierung und Selbstbestimmung. Unterstützt werden sie bei dieser Argumentation zunehmend von Stimmen aus der Suchthilfe, der Prävention und dem Justizapparat.
FDP seit Jahren für einen lockeren Umgang mit Cannabis
Der drogenpolitische Sprecher der Freien Demokraten, Wolfgang Schinnenburg, geht davon aus, dass sich nach der Bundestagswahl eine Mehrheit findet, die eine “kontrollierte Abgabe von Cannabis verantwortungsvoll umsetzt”.
Bei den Liberalen stehen dabei neben dem Jugendschutz und der Entkriminalisierung vor allem wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund. Cannabis biete die Chance zur Entwicklung ganzer Industriezweige, die Tausende neuer Arbeitsplätze schaffen können.
Linke setzt auf eine geregelte Abgabe
Für die Linke steht der Legalisierung von Cannabis kein überzeugendes Argument gegenüber. Es schütze nicht die Jugend, da Dealer trotz Verbotes problemlos auf die Schulhöfe vordringen. Die Linke versteht nicht, das “jährlich über 180.000 Menschen mit der Justiz in Konflikt kommen, nur weil sie im Besitz geringer Mengen Cannabis angetroffen wurden”.
Zudem kritisiert sie die ungeregelte Abgabe, die aufgrund von Beimischung synthetischer Substanzen gesundheitsschädigend sei. Die Fraktion setzt auf staatlich kontrollierten Anbau, Vertrieb und Verkauf.
AfD verteidigt harten Kurs
Einzig und allein die AfD verweigert sich einem liberalen Ansatz gänzlich. Sie würde es vorziehen, dass weniger über eine Legalisierung nachgedacht würde und vertritt die Ansicht, dass gegen illegale Einfuhr und Handel konsequent und hart vorzugehen sei.
Wer die organisierte Kriminalität unterstützen möchte, verbietet möglichst viel Dinge, die die Menschen konsumieren, egal ob legal oder illegal.
Ein langsamer Umstieg hat nur zur Folge, dass die OK Zeit hat, sich neue Betätigungsfelder zu suchen.
Der Vorschlag der SPD ist daher eine Art Überbrückungshilfe für all die Kriminellen.
@Martin
Sie haben es auf den Punkt gebracht!