AWO-Frauenberatung in Sehnde: Zahl der Ratsuchenden hat sich nahezu verdoppelt
Die Beraterin empfängt ihre Klientinnen im Raum Nummer 007 – die Beratungen sind vertraulich, kostenlos, auf Wunsch auch anonym und Olthoff führt die Frauen durch den Seiteneingang in die AWO Beratungsstelle. "Wer Sorge davor hat, durch Zufall erkannt zu werden, ist auf diesem Wege auf der sicheren Seite", sagt die Beraterin, die an zwei festen Tagen vor Ort ist, aber auch außerhalb dieser Zeiten Termine nach telefonischer Vereinbarung anbietet.
"Ich möchte Frauen Unterstützung bei belastenden Themen und in Krisen anbieten", betont Olthoff. Die meisten Sehnderinnen, die zu ihr kommen, brauchen Unterstützung, weil sie sich von ihrem Partner trennen beziehungsweise scheiden lassen wollen. Häufig ist häusliche Gewalt die Ursache. "Aber viele haben auch Probleme in ihrer Partnerschaft, die nicht mehr lösbar sind. Häufige Themen sind Untreue, Streit um Finanzen, Jobverlust, Erziehung der Kinder oder man hat sich auseinandergelebt – die Gründe können sehr vielfältig sein", berichtet sie.
Sie unterstützt die Frauen dann in ihrer Neuorientierung – bei der Suche nach einer Wohnung oder sie vermittelt zum Jobcenter oder sucht gemeinsam mit ihnen Therapieangebote heraus. "Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Borderline oder auch Essstörungen nehmen immer mehr zu. Ich bin keine Therapeutin, aber ich unterstütze die Suche nach professioneller Hilfe", betont Olthoff.
Stark zugenommen habe die Zahl der Frauen, die wegen Stress und Überlastung zu ihr kommen. "Druck bei der Arbeit, dazu noch das Kümmern um die Kinder – manche Frauen zerreiben sich im Familienalltag und bleiben auf der Strecke." Gerade Alleinerziehende, die meist auch noch finanzielle Schwierigkeiten haben, seien sehr belastet. Großes Thema sei immer noch die Wohnungsnot in Sehnde und der Region Hannover – gerade an kleinen und bezahlbaren Wohnungen mangele es.
Beim Thema häusliche Gewalt würden viele Menschen zunächst an körperliche Gewalt denken, doch es sei häufig ein Mix aus vielen Gewaltformen. "Gewalt fängt da an, wo die Angst vor dem Partner beginnt", betont Olthoff. Dies könne beispielsweise ein Partner sein, der psychischen und sozialen Druck ausübt und seine Partnerin kontrolliert und stalkt. "Gerade beim Thema häusliche Gewalt geht man allgemein von einer hohen Dunkelziffer aus." Olthoff verweist auf eine Erhebung des Landes Niedersachsen, in der Kriminalstatistiken der Polizei aus verschiedenen Kommunen verglichen wurden. "Sie hat ergeben, dass in ländlich geprägten Kommunen wie Sehnde weniger Gewalt zur Anzeige kommt", erklärt Olthoff. Auch hier geht man von einer hohen Dunkelziffer aus. Deshalb sei es gesellschaftlich weiterhin wichtig, Beratungsangebote bekannt zu machen und Themen wie häusliche Gewalt aus der Tabuecke zu holen.
Um auf Frauenthemen aufmerksam zu machen, hat sich Olthoff für die nächsten Wochen und Monate viel vorgenommen. So ist sie bei den Sehnder Frauenkulturtagen vom 18. Februar bis 11. März involviert und am 22. Mai steht ein Workshop zur Stressbewältigung auf dem Programm, der im Sehnder Rathaus stattfinden soll. Geplant ist außerdem ein Selbstverteidigungskurs im Sportzentrum im September und Olthoff möchte künftig bei Bedarf gern auch Fachkräfteschulungen mit ihren Kolleginnen der AWO Frauenberatung Ostkreis anbieten – Lehrkräfte, Mitarbeitende im Jobcenter und in den Arztpraxen sowie Sozialarbeiter nennt sie als Zielgruppe. "Es geht um das Erkennen von Betroffenen und die Befähigung, Hilfe vermitteln zu können", so Olthoff.