Neues Solargesetz – was ändert sich bei der Inbetriebnahme eines Balkonkraftwerkes?
In Deutschland soll der Bruttostromverbrauch bis zum Jahre 2030 zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern produziert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind große Anstrengungen seitens der Politik und der Bürger notwendig. Berlin setzt dabei neben Windrädern und Biogasanlagen hauptsächlich auf Solarenergie. So hat der verantwortliche Minister Habeck im letzten Jahr eine umfassende Solarstrategie* zu Papier gebracht, um den flächendeckenden Ausbau der Photovoltaik (PV) zu forcieren.
Inzwischen steht mit dem Solarpaket 1 ein neues Gesetzespaket kurz vor der Verabschiedung (voraussichtlich Ende April 2024). Das Dokument enthält zahlreiche Erleichterungen für PV-Anlagen sowie Lockerungen für die Inbetriebnahme von Balkonkraftwerken. Bei Letzteren ist zudem eine Leistungssteigerung vorgesehen. Diese Änderungen sollten bei der Anschaffung unbedingt in die Kaufentscheidung mit einbezogen werden, wie mit einem Blick auf unsere Balkonkraftwerk-Testsieger ersichtlich wird!
Was genau ist ein Balkonkraftwerk?
Ein Balkonkraftwerk ist eine kleine Solaranlage, die steckerfertig geliefert wird. Je nach Modell und Ausführung besteht ein solches Mini-PV-Kraftwerk aus zwei oder vier Modulen und einem kleinen Wechselrichter. Zudem umfasst das Set ein Befestigungssystem sowie alle Kabel und Stecker, die für den Betrieb benötigt sind.
Für den Aufbau und den Anschluss gelten im Vergleich zu einer Anlage auf dem Dach vereinfachte bürokratische und administrative Vorgaben. Wer über etwas handwerkliches Geschick verfügt, kann ein Balkonkraftwerk installieren, ohne einen Fachbetrieb zu beauftragen. Die Anlage ermöglicht es Bewohnern von Etagenwohnungen und Verbrauchern ohne eigene Dachflächen, an der Energiewende teilzuhaben und eigenen, kostenlosen und nachhaltigen Strom zu produzieren.
Wie funktioniert eine Stecker-Solaranlage?
Eine Mini-PV-Anlage für den Balkon funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie eine Anlage auf dem Dach oder im Freiland. Die Paneele aus mono- oder polykristallinem Silizium generieren aus der Sonneneinstrahlung Gleichstrom. Der mitgelieferte Wechselrichter transformiert diesen in Wechselstrom, mit dem Geräte wie die Waschmaschine, der Kühlschrank oder der Computer und der Fernseher betrieben werden. Zudem ist er verantwortlich dafür, dass es zu keinen Netzüberlastungen kommt.
Beim Aufbau der Anlage empfiehlt es sich, exakt nach der Herstelleranleitung vorzugehen. Nachdem das Befestigungssystem angebracht wurde, lassen sich die Module ohne großen Aufwand daran festschrauben. Wechselrichter und Kabel werden im Regelfall über eine Steckverbindung an die Module geklinkt.
Zum Schluss wird das Kabel mit der nächsten Steckdose verbunden. Der ankommende Strom wird ins Hausnetz eingespeist und bevorzugt verbraucht. Dabei ist es ratsam, keine Mehrfachsteckdose zu verwenden. Im Resultat läuft der Stromzähler langsamer und die Stromrechnung reduziert sich spürbar.
Für wen lohnt sich eine Mini-PV-Anlage?
Eine Stecker-Solaranlage lohnt sich in jedem Fall. Zum einen wird weniger Strom aus dem Netz bezogen, der immer noch zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil aus fossilen Brennstoffen generiert wird. Der eigene ökologische Fußabdruck reduziert sich spürbar.
Zum anderen macht sich die Anschaffung mittelfristig im Geldbeutel bemerkbar. Im Idealfall amortisiert sich ein Balkonkraftwerk innerhalb von drei Jahren. Wenn keine ideale Positionierung möglich ist, verlängert sich die Amortisationszeit um ein bis zwei Jahre. Danach liefert die Anlage über viele Jahre hinweg kostenlosen und nachhaltigen Strom.
Solarpaket 1 – inwiefern sind Balkonkraftwerke von dem Gesetz betroffen?
Solarpaket 1, das auf dem neuen “Erneuerbaren-Energien-Gesetz” und dem genannten Strategiepapier aufbaut, umfasst für Stecker-Solaranlagen weitreichende Änderungen, die aktuell beachtet werden sollten, damit es zu keinem Fehlkauf kommt. Einige der Modifikationen sind dabei schon gültig:
- Steigerung der zugelassenen Nennleistung von 600 auf 800 Watt.
- Die erlaubte Modulleistung wird auf 2.000 Watt erhöht.
- Seit Beginn 2023 fällt keine Mehrwertsteuer mehr an.
- Die Registrierung beim regionalen Netzbetreiber entfällt.
- Eine einfache, online ausgeführte Anmeldung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur ist ausreichend.
- Der Zähler muss bis auf Weiteres nicht ausgetauscht werden.
- Die Begrenzung der Modulfläche auf 2 m² entfällt.
- Vermieter und Hausgemeinschaften können die Installation künftig nicht mehr unterbinden oder verzögern.
- Glasmodule dürfen in einer Höhe angebracht werden, die 4 Meter übersteigt.
- Eine Inbetriebnahme im Verbund mit einer Dachanlage bedarf keines zusätzlichen bürokratischen Aufwands mehr.
- Der Anschluss mit einem einfachen Schuko-Stecker ist erlaubt (seit 2023).
Wie ist beim Kauf eines Balkonkraftwerks vorzugehen?
Diese anstehenden Maßnahmen berücksichtigend, empfiehlt sich beim Kauf eines Balkonkraftwerkes die im Folgenden beschriebene Vorgehensweise.
Bedarfsermittlung
Zuerst muss der eigene Stromverbrauch über das Jahr hinweg ermittelt werden. Das passiert entweder über die Analyse der Stromrechnung oder über ein geeignetes Tool.
Die richtige Dimensionierung wählen
Bei Photovoltaikanlagen ist es sinnvoll, die Modulleistung optimistisch zu kalkulieren. Damit wird sichergestellt, dass auch bei schlechter Wetterlage ausreichend Strom produziert wird. Zu Überlastungen des Hausnetzes kommt es nicht, weil der Wechselrichter die Einspeisung bei 600 (800) Watt abriegelt.
Derzeit wird empfohlen, einen WLAN-fähigen Wechselrichter zu erwerben, der auf 600 Watt eingestellt ist. Sobald das Gesetz in Kraft getreten ist, lässt sich die Nennleistung problemlos auf 800 Watt erhöhen. Wenn Überschüsse auch nachts genutzt werden sollen, empfiehlt es sich, die Anlage um einen Speicher zu ergänzen.
Garantie und Kundenservice
Die Investition in ein Balkonkraftwerk macht sich erst nach einiger Zeit über Einsparungen an der Stromrechnung bemerkbar. Daher sollte darauf geachtet werden, dass die Herstellergarantie mindestens 20 Jahre beträgt. Sollten während des Betriebs Probleme auftreten, ist ein verlässlicher Kundenservice hilfreich.
Beide Anforderungen werden nur dann erfüllt, wenn das Balkonkraftwerk bei einem seriösen Anbieter gekauft wird. Ein solcher lässt sich an dem Umstand erkennen, dass er nur Produkte vertreibt, die mit einem oder mehreren Prüfsiegeln ausgestattet sind.
Wichtige Zertifizierungen für Balkonkraftwerke
- International Electrotechnical Control: IEC 61215 oder IEC 61730
- TÜV-Siegel
- Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e. V.: VDE-Zeichen
- Conformité Européenne: CE-Kennzeichen
Welcher Standort ist der ertragreichste?
Eine Mini-PV-Anlage kann nicht nur am Balkongeländer angebracht werden. Sie ist überall dort sinnvoll, wo sich eine sonnenbeschienene Fläche von bis zu 6 m² befindet. Dies schließt die Überdachung der Veranda, den Garten, den Gartenzaun oder das Garagendach mit ein. Bei der Standortwahl sind in unseren Breiten die folgenden Aspekte zu beachten, um den größtmöglichen Ertrag zu erzielen:
- Ausrichtung der Module nach Süden.
- Bei morgendlichen und nachmittäglichen Verbrauchsspitzen ist es sinnvoll, zwei Module nach Südwesten und zwei Module nach Südosten blicken zu lassen.
- Ein Neigungswinkel von 35 Grad nach hinten.
- Schatten von Bäumen, Nachbarhäusern und Satellitenschüsseln beeinträchtigen die Leistung eines Balkonkraftwerks spürbar.
- Sensible Bestandteile der Anlage wie die Verkabelung samt Stecker sowie der Wechselrichter oder eine eventuell angeschlossene Solarbatterie sollten weder direkter Sonneneinstrahlung noch Nässe ausgesetzt werden.
Fazit
Um den Klimawandel zu entschleunigen und die Klimaziele der Regierung und der Europäischen Union (EU) zu erreichen, zählt jedes Watt, das nachhaltig generiert wird. Zwar scheint der Ertrag eines Balkonkraftwerks für sich genommen verschwindend gering. Angesichts des riesigen Potenzials, das Millionen Mieter und Bewohner von Eigentumswohnungen darstellen, sind Balkonkraftwerke für einen zügigen Ausbau von PV unverzichtbar.
* Quelle:
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Photovoltaik-Strategie: Handlungsfelder und Maßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der Photovoltaik; Berlin; 05.05.2023