„Rettungsgassen retten Leben“
Um Leben zu retten, zählt für Hilfs- und Rettungskräfte im Falle eines Einsatzes jede Sekunde. Vor diesem Hintergrund haben sich in Niedersachsen mehrere Partner zusammengeschlossen, um die Verkehrsteilnehmer erneut verstärkt für die Bildung von Rettungs-gassen zu sensibilisieren. Gemeinsam kooperiert das Innenministerium mit dem niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, der Landesverkehrswacht Niedersachsen e.V., dem ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. sowie der Polizei Niedersachsen. Ab sofort werden in Niedersachsen an Autobahnbrücken vor stauträchtigen Baustellen eigens für die Kampagne angeschaffte Banner hängen, die verdeutlichen, wie eine Rettungsgasse zu bilden ist.
Ulrich Krämer, Vorsitzender ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt unterstreicht, dass vielen Autofahrern gar nicht bewusst sei, dass sie im Stau automatisch eine Rettungsgasse bilden müssten. Dies ergab eine aktuelle Umfrage unter den Mitgliedern des ADAC. Nur die Hälfte kenne die genaue Regelung und das führe unweigerlich zu Verzögerungen, wodurch wichtige Sekunden verloren gehen. "Unklar ist den meisten vor allem die Regelung bei vierspurigen Autobahnen, wie wir sie auch in Niedersachsen haben. Derzeit muss die Rettungsgasse hier in der Mitte gebildet werden. Sinnvoll wäre aus ADAC-Sicht dieselbe Regelung wie bei dreispurigen Strecken, also die Gasse zwischen der linken und den übrigen Fahrstreifen zu bilden. Unsere Gesetzesinitiative dazu war jetzt erfolgreich: Das Gesetzgebungsverfahren steht vor der Verabschiedung im Bundestag und wird dann kurzfristig – voraussichtlich im Herbst – umgesetzt", kündigt Krämer an.
Alle an der Aktion beteiligten Organisationen rufen mit Nachdruck zur Umsicht auf. Der Präsident der Landesverkehrswacht Niedersachsen, Heiner Bartling, dazu: "Wir haben die Vision eines unfallfreien Straßenverkehrs. Bis dahin ist es zwar noch ein weiter Weg, aber zumindest in den Köpfen aller am Straßenverkehr Beteiligten muss sich festsetzen, dass eine Rettungsgasse Leben rettet. Einsatzkräfte haben alle das gleiche Problem: Auf dem Weg zur Einsatzstelle fehlt das richtige Verständnis der anderen Verkehrsteilnehmer schnell Platz zu schaffen. Jedem Verkehrsteilnehmer sollte inzwischen klar sein, dass einem Einsatzfahrzeug sofort Durchlass zu gewähren ist – mehr noch: Eine Rettungsgasse muss auf mehrspurigen Autobahnen und ‚Außerortsstraßen’ bereits bei Stau oder stockendem Verkehr gebildet werden." Bartling appelliert eindringlich an die Verkehrsteilnehmer: "Denken Sie daran: Vielleicht benötigen Sie eines Tages einmal die Hilfe der Rettungsdienste und sind dankbar, wenn diese schnell zu ihnen kommen! Helfen Sie den Helfern!" Autofahrer sollten deshalb folgendes beachten, sobald sich der Verkehr verlangsamt und zu stehen droht: Rettungsgasse bilden und freihalten.
Aus Sicht der Rettungsdienste kann Thomas Mähnert, Landesvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe in Niedersachsen/Bremen, nur alle Verkehrsteilnehmer ersuchen, bei sich verdichtendem Verkehr sofort an die Bildung einer Rettungsgasse zu denken: "Dies gilt übrigens nicht nur für Autobahnen und Bundesstraßen! Auch im innerörtlichen Verkehr haben unsere Mitarbeiter im Rettungsdienst Schwierigkeiten zu Unfallstellen vorzudringen. Deshalb ist es notwendig, alle Verkehrsteilnehmer regelmäßig daran zu erinnern, dass es bei allen Notfällen und Stauungen im Straßenverkehr auf jeden Einzelnen ankommt. Nur mit der Hilfe aller können die Einsatzkräfte rechtzeitig an ihr Ziel kommen, um Leben zu retten. Alle entscheiden mit. Das schnelle Bilden der Rettungsgasse ist überlebenswichtig."
Insbesondere in der verkehrsreichen Ferienzeit häufen sich Staus auf unseren Straßen. Dabei wird ein Stauende schnell zur Gefahr. Dr. Christoph Wilk, Abteilungsleiter im Verkehrsministerium, rät deshalb den Autofahrern, die Regelungen zur Bildung einer Rettungsgasse ernst zu nehmen. "Das rechtzeitige Eintreffen der Rettungskräfte kann überlebenswichtig sein. Stauenden sind außerdem leider auch Unfallschwerpunkte auf unseren Autobahnen. Dies haben nicht erst die schweren Unfälle auf der A2 in den vergangenen Wochen gezeigt. Es muss daher im Interesse aller Verkehrsteilnehmer liegen, Unfallstellen möglichst schnell zu räumen, damit der Verkehr wieder fließen kann."
Aber auch die Eigensicherung bei einem Unfall oder dem einfachen Liegenbleiben auf den Straßen muss stärker im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer verankert werden. "Teilweise kommt es erst im Nachgang durch unbedachtes Verhalten am Unfallort oder der zu späten Reaktion anderer Verkehrsteilnehmer zu schwereren Verletzungen", betont Thomas Mähnert. "Die Johanniter haben ein Sicherheitskonzept für Ersthelfer, das heißt für Rettungsdienstpersonal wie auch andere Verkehrsteilnehmer, entwickelt. Dazu gehört neben einem Lehrfilm eine Absicherungskarte, die zum Beispiel hinter die Sonnenblende im Auto passt und daran erinnern soll, dass unsere stark befahrenen Straßen kein Fußgängerbereich sind."
Es gilt viel zu beachten, beim Start in die Ferien – darin sind sich alle Beteiligten an der gemeinsamen Aktion auf der Raststätte in Garbsen einig. Vom richtigen und sicheren Verstauen des Gepäcks, dem schnellen Zugriff zur Warnweste, zum Verbandkasten und Warndreieck bis hin zu Tipps zum Reiseverkehr vom ADAC. Auch die Aktion "Tippen tötet" der Landesverkehrswacht weist nachdrücklich darauf hin, dass Ablenkung durch SMS schreiben oder auch die kurze Reaktion auf eingehende Handynachrichten unweigerlich zum Nachlassen der Konzentration führt und damit Unfälle provoziert werden. Gute Vorbereitung auf die Reise und Umsicht bei der Fahrt in die Ferien bilden die Basis für ein entspanntes Ankommen am Zielort.
Auch in diesem Jahr werden die Pannen- und Stauhelfer der Automobilclubs und der Johanniter-Unfall-Hilfe wieder während des Ferienreiseverkehrs auf den Autobahnen bereit stehen.