WIB betrachtet mit Sorge eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes

Die Wirtschaft Initiative Burgwedel e.V. (WIB) hat sich in ihrer jüngsten Vorstandssitzung mit der aktuellen Thematik um eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes in der Stadt Burgwedel beschäftigt.

Der öffentlich zugängliche Haushaltsentwurf 2019 sieht eine Erhöhung des Hebesatzes von 400 Prozent auf 430 Prozent vor, das sei eine Steigerung um 30 Prozentpunkte oder 7,5 Prozent effektiv.

Die WIB betrachtet mit Sorge diese Entwicklung. "Während in Deutschland über die Abschaffung des Solidaritätszuschlages und in Niedersachsen über die Abschaffung des Straßenausbaubeitrages diskutiert wird, will die Stadt Burgwedel die Belastungen für Unternehmen anheben", wie der WIB-Vorsitzende Dirk Breuckmann ausführt.

Die Stadt profitiere derzeit ohnehin von der florierenden Wirtschaft: Statt geplanter 14,5 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen jeweils in 2017 und 2018 habe die Stadt tatsächlich weit höhere Beträge vereinnahmt: 17,7 Millionen Euro in 2017 und absehbar in 2018 merh als 18,0 Millionen Euro. "Das sind effektiv mehr als 20 Prozent mehr als im Haushalt eingeplant", gibt die WIB zu bedenken.

Für die WIB sei damit eine Erhöhung des Hebesatzes völlig aus der Luft gegriffen. "Die gewünschten Mehreinnahmen gibt es faktisch bereits schon", so die WIB.

Der stellvertretende Vorsitzende Marc Sinner ist hauptberuflich Steuerberater und ergänzt, dass der Bundesgesetzgeber die Steuergesetze so gestaltet hat, dass bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 380 Prozent die Gewerbetreibenden bei gleichen Einkünften genauso hoch besteuert werden, wie andere Wirtschaftsteilnehmer, die keine Gewerbesteuer zahlen müssen: Freiberufler wie beispielweise Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten und Ingenieure, aber auch Landwirte, Abgeordnete, Beamte, Angestellte und Arbeiter. "Welchen Grund also gibt es nach Auffassung der Stadt Burgwedel, dass ausgerechnet Gewerbetreibende höhere Steuern auf vergleichbare Einkünfte zahlen sollten? Mit 400 Prozent liegt man bereits 20 Punkte über dem optimalen richtigen Wert", so Sinner.

Sinner berichtet von Gesprächen mit Gewerbetreibenden, die in Burgwedel ihre Leistungen anbieten: Handwerker und Makler genauso wie Geschäftsinhaber, zum Beispiel in der Von-Alten-Straße. Immer wieder werde die Frage aufgeworfen: "Wenn Amazon, Google und Apple nicht zur gleichwertigen Steuer herangezogen werden, sondern darum herumkommen, wie in der Presse oft berichtet, warum müssen dann Burgwedeler Gewerbebetriebe stärker zur Kasse gebeten werden?"

Um die Mehrsteuern aufbringen zu können, müssten die Geschäfte und Handwerker Maßnahmen ergreifen. Deren größte Kostenfaktoren heißen Personal und Miete. "Ob sich die Entscheidungsträger dessen bewusst sind? Würde die Stadt bei steigenden Hebesätzen auch eine Abwanderung eines großen Steuerzahlers verkraften?", fragt die WIB. Selbst in der Region München gäbe es Kommunen mit Hebesätzen von nur 240 Prozent (Grünwald) oder 260 Prozent (Pullach)- und mit Sicherheit sei dies auch großen Unternehmen bekannt. Eventuell seien diese dort bereits mit Filialen vertreten.

Vorstandsmitglied Sebastian Cramer vom Edeka-Center Cramer in Großburgwedel  versteht die Logik nicht: "Jahrelang war die Stadt Burgwedel ein leuchtendes Beispiel für die geringsten Steuersätze in der Region Hannover; mit dem geplanten Absturz ins Mittelfeld zieht man doch keine neuen Steuerzahler (sprich neue Gewerbeunternehmen) an. Wer mehr Steuereinnahmen benötige, müsse entsprechende Gewerbesteuerzahler ansiedeln."

Die WIB stellt fest, dass im Nachbarort Burgdorf mit 50 Prozent mehr Einwohnern die dortige Stadt nur mit 7 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen auskommen müsse. "In Burgwedel hat man aktuell mit rund 18,0 Millionen Euro schon die 2,5-fache Höhe der Steuereinnahmen durch weitsichtige politische Entscheidungen der letzten Jahrzehnte erreicht. Eine Einnahmenproblematik hat die Stadt also dank der guten Grundlagen nicht", resümiert der WIB-Vorstand.

Worin die eigentliche Problematik der Stadt bestehe, wenn die Einnahmen schon höher als geplant sind, könnte vielleicht an der Höhe der Personalkosten liegen: "In den Jahren 2016 bis 2018 haben sich diese gegenüber 2014 und 2015 bereits um 25 Prozent erhöht, der Haushaltsplan 2019 sieht einen weiteren Anstieg um 10 Prozent vor. Gleichzeitig wird jedoch in den öffentlich tagenden Ausschüssen der Stadt festgestellt, dass die Bevölkerung in Burgwedel im gleichen Zeitraum nicht zugenommen hat", stellt die WIB fest.

Die WIB setzt auf ein Umdenken der Stadt Burgwedel. "Die in Angriff zu nehmenden städtischen Projekte sollten intensiv auf Notwendigkeit geprüft und dann nacheinander und nicht gleichzeitig mit den vorhandenen Mitteln abgearbeitet werden", so die WIB. Sie verweist darauf, dass die örtlichen Betriebe sehr konstant und nachhaltig wirtschaften und ihre Ergebnisse stets verbessern, so dass die Stadt auch bei gleichbleibenden Hebesätzen immer automatisch zu höheren Steuereinnahmen komme. "Dies haben die Erfahrungen der letzten Jahre, nein Jahrzehnte, belegt und seien in den Haushaltsabrechnungen der Stadt Burgwedel nachlesbar", erklärt die WIB.

Die WIB habe daher zwei Anregungen an die Stadt, bevor über die Erhöhung von Gewerbesteuerhebesätzen nachgedacht wird: Einerseits wurde 2006 landesweit die Einführung der Doppik beschlossen, also die Umstellung der Haushaltsführung von der damaligen Kameralistik auf die Doppelte Buchführung in Kommunen. Seit dem Haushaltsjahr 2012 ist sie in allen Kommunen anzuwenden. Allerdings sei auch 12 Jahre nach Beschluss und 6 Jahre nach Einführung immer noch kein Jahresabschluss für Burgwedel veröffentlicht worden. Mögliche Schlussfolgerungen daraus könnten also bislang nicht gezogen werden. Der Jahresabschluss 2018 sollte also vor Beschlussfassung vorgelegt werden.

Andererseits haben sich 2016 alle Parteien für die Einsetzung eines Wirtschaftsförderers ausgesprochen. "Bis heute hat dies keine spürbare Auswirkung auf die Burgwedeler Wirtschaft gehabt", so die WIB.