Immer mehr Störche in der Region Hannover: Der Bestand boomt
Auffällig für den Experten ist, dass immer mehr jüngere, zweijährige Störche schon zur Brut schreiten: "Diese ‚Frühreife‘ hat die Anzahl der Brutvögel erhöht und ist ein Beleg dafür, dass Biologie nicht statisch ist, dass es immer wieder auch Veränderungen gibt."
1934 hatte es den ersten, verlässlichen landesweiten Zensus für den Weißstorchbestand gegeben.
Der Bericht im Wortlaut:
Rückkehr der Störche und Hostbesetzung
Die Winterstörche haben demnach aus Nahrungsmangel unseren Raum verlassen. Ob sie sich den westziehenden Artgenossen angeschlossen haben, bis nach Spanien gezogen sind oder schon vorher überwintert haben, kann niemand sagen.
Immerhin kamen sie mit den "Westziehern" ab Anfang Februar zu ihren Nestern zurück. Viele Frühankömmlinge haben schon in der letzten Märzdekade mit der Brut begonnen.
Die "Ostzieher", die den Winter in der Sahelzone verbracht haben, kamen ab dem 20. März zurück. Auffällig war, dass es in diesem Frühjahr wieder einmal eine größere Anzahl "Ostzieher" gegeben hat, die erst Ende April/Anfang Mai angekommen sind. Sie waren bis ins südliche Afrika gezogen und kamen wegen des längeren Rückwegs entsprechend später zurück.
Fast alle Nester waren zu diesem Zeitpunkt bereits besetzt. Die Neuankömmlinge mussten um Nistplätze kämpfen. Im Stadtgebiet von Wunstorf hat es besonders heftige Kämpfe gegeben mit der Folge, dass es hier mehr jungelose Paare gegeben hat als anderweitig.
Brutsaison
Die "Frühbrüter" hatten schon in der letzten April-Dekade Junge. Sie sind ab Anfang Juli ausgeflogen. Die übrigen Paare haben je nach Ankunft bis Mitte Mai mit der Brut begonnen. Nach einer Nestlingszeit von jeweils 60 bis 65 Tagen waren auch die übrigen Jungen flügge. Inzwischen sind die meisten Störche abgezogen.
In der Region Hannover hat sich Anzahl aller Brutpaare (mit und ohne Junge) auf nunmehr 73 erhöht – 12 mehr als 2018. Das entspricht einem Zuwachs von mehr als 16 Prozent und ist populationsbiologisch gesehen ein beachtlicher Sprung.
Von den 73 Paaren haben 64 erfolgreich gebrütet und 159 Junge aufgezogen – 45 mehr als im vergangenen Jahr. Nur neun Paare sind ohne Junge geblieben.
Das Wetter war zwar im Mai teilweise kalt und windig. Das hatte aber nur begrenzte Auswirkungen, weil es keinen (Dauer-)Regen gegeben hat. Kälte und Nässe sind bei Jungstörchen die häufigste Todesursache im Nest. An Trockenheit und Hitze sind die Weißstörche relativ gut angepasst. Schließlich verbringt die Mehrzahl der Population (noch!) fünf bis sechs Monate des Jahres am Rand der südlichen Sahara. Wahrend der Brutzeit benötigen sie Wasser zur Eigenversorgung und um ihre Jungen zu tränken oder zur Abkühlung nass zu machen. In den Siedlungen wird hierzu so mancher Gartenteich genutzt.
Durch die Trockenheit während der Jungaufzucht stand der Regenwurm weniger zur Verfügung. Dafür gab es aber die Feldmaus in großer Anzahl! Mäusejahre sorgen auch bei den Störchen bekanntermaßen für einen guten Bruterfolg. Ab Mitte der Saison konnte man die Störche dabei beobachten, wie sie im Grünland Heuschrecken von den Grashalmen abgesammelt haben.
Mit 2,18 Jungen pro alle Paare hat es einen außergewöhnlich guten Bruterfolg gegeben. Im langjährigen Mittel werden etwa 1,8 Junge pro alle Paare flügge.
Ausblick
Auffällig ist weiterhin, dass immer mehr jüngere, zweijährige Störche schon zur Brut schreiten. Diese "Frühreife" hat die Anzahl der Brutvögel erhöht und ist ein Beleg dafür, dass Biologie nicht statisch ist, dass es immer wieder auch Veränderungen gibt.
Schließlich ist auffällig, dass die ganz jungen Jahrgänge, die früher im afrikanischen / mediterranen Raum verblieben sind und damals frühestens im Juni/Juli in Mitteleuropa einmal auftauchten, jetzt schon mit den älteren Brutstörchen ins Geburtsgebiet ziehen. Sie halten sich während der Brutzeit in Trupps bei uns auf, sind bei Aktivitäten der Landwirte (Feldbestellung, Mahd) sofort in größerer Anzahl zu sehen, stören mitunter die Brutpaare oder versuchen sich auch schon einmal als "Verlobungspaare" mit Nestbau und Paarungsverhalten aber ohne Gelege.