KRH Aufsichtsrat beschließt Wirtschaftsplan 2023: Krankenhaus Lehrte vor dem Aus?
"Neben diesen Sondereffekten zeigt die wirtschaftliche Entwicklung die dringende Notwendigkeit von Strukturanpassungen für das KRH", teilt der Aufsichtsrat mit. Diese Dringlichkeit werde auch noch einmal durch die jüngst vorgestellten Reformvorschläge der Expertenkommission des Bundesgesundheitsministers unterstrichen. Entsprechend wurden in der Sitzung des Aufsichtsrates auch die Grundzüge der jüngst erarbeiteten Medizinstrategie 2030 vorgestellt und diskutiert.
Darin beschreibt das KRH Klinikum Region Hannover, wie es in den kommenden Jahren seine Versorgungsstrukturen entwickeln will, um auch zukünftig eine qualitativ hochwertige Versorgung anbieten zu können. Dieser KRH-internen Entwicklung von Vorschlägen für eine Medizinstrategie 2030 war vor einem Jahr ein Prozess vorangegangen, in dem sich der Aufsichtsrat des Klinikums gemeinsam mit der Geschäftsführung des Klinikums intensiv mit den sich verändernden Rahmenbedingungen in der Medizin und der deutschen Gesundheitswirtschaft auseinandergesetzt hatte. Es folgte im Frühjahr 2022 die Beauftragung zur Weiterentwicklung der Medizinstrategie des Unternehmens für das Jahr 2030 und folgende. Seitdem haben weit über 250 Mitarbeitende des KRH aus Medizin, Pflege, aus den Funktions- und administrativen Bereichen mit Hilfe externer Spezialisten ihr Wissen und Können eingebracht. Die gemeinsam entwickelte Konzeption beschreibt, wie die bestehenden Strukturen des drittgrößten kommunalen Gesundheitskonzerns in Deutschland, gerade vor dem sich zuspitzenden Fachkräftemangel und den zunehmenden Strukturanforderungen, weiterentwickelt werden können, um die medizinische Versorgung der etwa 1,2 Millionen Menschen in der Region Hannover unter den dynamischen Rahmenbedingungen der deutschen Krankenhausfinanzierung auf einem hohen Niveau zukunftsfähig zu machen.
Antworten müssen gefunden werden
Auch die Arbeitnehmervertreter des KRH im Aufsichtsrat sehen hier eine der wesentlichen Zukunftsherausforderungen. Michael Borges, Stellvertretender Vorsitzender des Gremiums, fasst die für ihn und seine Kollegen wichtigen Eckpunkte wie folgt zusammen: "Das Ziel einer bedarfsgerechten Versorgung in der gesamten Region muss im Mittelpunkt stehen. Für jeden Beschäftigten muss es weiterhin eine sichere Perspektive im KRH geben, die Arbeitsbedingungen müssen verbessert und Entlastung für die Beschäftigten organisiert und spürbar werden. Anhand dieser Kriterien bewerten wir jeden Vorschlag, bringen uns in den weiteren Prozess ein und sehen, dass die noch zu beschließenden Veränderungen und Entscheidungsprozesse für die Beschäftigten möglichst transparent und nachvollziehbar dargestellt werden müssen."
Rahmenbedingungen
Konkrete Vorschläge
Die bereits bestehenden Pläne für den Krankenhausneubau eines Schwerpunktversorgers in Großburgwedel, so das Papier, sollen genutzt werden, um die Zusammenlegung der Leistungsbereiche aus den aktuellen Standorten Großburgwedel und Lehrte zu vollziehen. Die Konzentration der Leistungsangebote soll in der bereits bestehenden engen Verzahnung der beiden Standorte zeitnah in den derzeit vorhandenen baulichen Strukturen und möglichen Interimslösungen vorgenommen werden. Für den Standort Lehrte ist vorgesehen, gemeinsam mit Partnern einen Gesundheitscampus mit ambulanten Versorgungsangeboten zu entwickeln. Damit trägt die Konzeption auch den berechtigten Interessen der Menschen vor Ort nach einem wohnortnahen Angebot Rechnung.
Auch die Verzahnung der beiden KRH Standorte in Gehrden und in Neustadt am Rübenberge soll weiter intensiviert werden. Als Grund- und Regelversorger soll Neustadt seiner besonderen Bedeutung in der Notfallversorgung in der Fläche gerecht werden können. Mit dem planerisch weit fortgeschrittenen zweiten Bauabschnitt erfolgt eine Stärkung des Standortes Gehrden als Schwerpunktversorger, dessen Leistungsspektrum durch ein neurologisches Versorgungsangebot erweitert werden soll. Dies soll im Verlauf aus dem KRH Klinikum Laatzen übernommen werden.
Auch das KRH Klinikum Agnes Karll Laatzen soll sich, so der Vorschlag der KRH-Experten, in den Prozess einer schrittweisen Transformation begeben. Dabei soll zunächst das vorhandene Versorgungsangebot um vor- und nachgelagerte Angebote gemeinsam mit Kooperationspartnern ergänzt werden. Der Anspruch, wohnortnahe und bedarfsgerechte medizinische Leistungen, möglichst wohnortnah im Südosten der Region, vorzufinden würde so eingelöst. Parallel soll die Verlagerung der Abteilungen Neurologie nach Gehrden und Unfallchirurgie/Orthopädie an den Standort Siloah konzeptionell, prozessual und infrastrukturell vorbereitet werden. Hierbei sollen die beteiligten Mitarbeitenden und Teams eng eingebunden werden, um die notwendigen Voraussetzungen für eine reibungslose Verlagerung zu schaffen und sie am Ende gemeinsam umsetzen zu können.
Der kritischen baulichen Struktur am Standort Langenhagen wird in dem Vorschlag einerseits durch eine weitere Intensivierung des Prozesses der Integration der KRH Geriatrie Langenhagen in die Mitte entsprochen. Weiterhin könnte langfristig die KRH Psychiatrie Langenhagen innerhalb des Versorgungssektors an den Standort Nordstadt verlagert werden. Dies wäre mit einer Weiterentwicklung der Psychiatriestrategie zu begleiten, um den sich veränderten Versorgungsbedarfen zu entsprechen und eine moderne ambulant-stationäre psychiatrische Versorgungseinheit im Stadtgebiet zu schaffen. Die Liegenschaft in Langenhagen könnte somit langfristig für eine anderweitige Nutzung (z.B. Wohnbebauung) frei werden.
Einordnung und Zusammenfassung
Das so entstehende spezialisierte und abgestufte Versorgungsangebot der KRH fände die richtige und notwendige Balance zwischen Erreichbarkeit und Versorgungsmöglichkeiten. Im Zeitalter hochspezialisierter Medizin gewönne der Faktor Strukturqualität gegenüber der Nähe zunehmend an Bedeutung. Mit der weiteren Öffnung für Kooperationen würde außerdem dem Trend zur Ambulantisierung Rechnung getragen. Außerdem entstünden so Möglichkeiten, um flexibler auf die heute schon bestehenden Lücken in der vor- und nachstationären Versorgung, die für die Menschen eine große Rolle spielen, zu reagieren. Weiterhin entspricht ein abgestuftes Versorgungskonzept mit einer Differenzierung nach Maximal-, Schwerpunkt- sowie Grund- und Regelversorgern dem Zielbild der niedersächsischen Krankenhausplanung, den Vorgaben des gemeinsamen Bundesausschusses (BG-A) und folgt den jüngst vorgestellten Vorschlägen der Regierungskommission zur Reform der Krankenhausfinanzierung. "Nicht zu vergessen sind auch die wirtschaftlichen Effekte. In einer bereinigten und modernisierten Struktur würde es in dem zukünftigen Finanzierungssystem möglich sein, die Krankenhausversorgung bedarfsgerecht und auskömmlich zu gestalten", so KRH.
"Wir erleben derzeit eine ungeheure Dynamik im deutschen Gesundheitswesen und einen starken Anpassungsdruck auf die Krankenhäuser", so die drei KRH Geschäftsführungsmitglieder, Michael Born (Personal), Dr. Matthias Bracht (Medizin) und Barbara Schulte (Finanzen und Infrastruktur). "Wir sind sicher, dass das KRH mit seinem Vorschlag zur Medizinstrategie 2030 eine tragfähige und zukunftsorientierte Antwort für das Unternehmen, seine Beschäftigten und seine Patientinnen und Patienten gibt, um unseren hohen Anspruch – Aus Verantwortung gemeinsam für gute Medizin – für die fast 1,2 Millionen Menschen in der Region Hannover auch weiterhin einlösen zu können."
Nach der Erstbefassung des Aufsichtsrates mit der Medizinstrategie am gestrigen Donnerstag werden noch zwei weitere Sitzungen folgen. Im Januar wird sich das Gremium vertiefend mit dem Papier auseinandersetzen. Mit der dritten Befassung im Februar wird die Beschlussfassung angestrebt, damit dann die weitere Beschäftigung in der Regionsversammlung erfolgen könnte.