Feuerwehr fordert Unterstützung, denn: „Nach uns kommt keiner mehr“
Deutliche Worte hat Großburgwedels Ortsbrandmeister Tibor Biczok am gestrigen Freitag, 20. Januar 2023, während der Jahreshauptversammlung der Ortswehr an die politischen Vertreter der Stadt gerichtet, denn das 1972 eingeweihte Feuerwehrhaus ist in die Jahre gekommen und ein Neubau dringend erforderlich. „Wir sind Feuerwehrleute, wir arbeiten mit dem, was wir haben, aber auf Dauer kann das kein Zustand sein“, so der Ortsbrandmeister. „Wir fahren nicht aus Spaß mit den roten Autos durch die Gegend. Wir sorgen für die Sicherheit hier im Ort, wir sind immer da, wenn man uns braucht. Und eins ist klar. Nach uns kommt niemand mehr“, betonte er und erhielt großen Applaus von der Versammlung.
Zu wenig Parkplätze, zu kleine Räume, nur eine Dusche für 87 Einsatzkräfte: Der Ortsbrandmeister zählte in seinem Jahresbericht die Unzulänglichkeiten des Feuerwehrhauses auf. "Wenn wir Sachen aus dem Lager brauchen, muss erstmal ein Fahrzeug rausgefahren werden", fügte er hinzu. Zudem gebe es keine Möglichkeit, nach einem Brandeinsatz die kontaminierte Kleidung zu lagern. Das Küchenfahrzeug stehe auf dem Gelände des Bauhofs und bei Großschadenslagen wie bei Sturmeinsätzen wird die Verpflegung in der Fahrzeughalle gereicht, was nicht heutigen Hygieneanforderungen entspricht. Der Ölabscheider funktioniere "seit Jahren nicht", wodurch die Feuerwehrfahrzeuge weder am Feuerwehrhaus noch beim Bauhof gewaschen werden können.
"Ich habe erhebliche Sorgen, dieses Haus zukunftsfähig zu machen", urteilte er. Doch nicht nur die Substanz selbst ist wortwörtlich in die Jahre gekommen. Da das Feuerwehrhaus zu einem "Leuchtturm" bei einem großräumigen Stromausfall, einem Blackout, werden soll, wird bald ein Stromerzeuger installiert, der das Feuerwehrhaus im Notfall mit Strom versorgen soll – und dann sollen die Räume des Feuerwehrhauses auch für Bürger zur Anlaufstelle werden.
"Die Anforderungen steigen und die Aufgaben nehmen zu. So werden wir auch im Zivilschutz gefordert sein, und es wird zukünftig nicht nur unsere Aufgabe sein, den vielfältigen Feuerwehrlagen gerecht zu werden", so der Ortsbrandmeister.
Die Feuerwehrkräfte werden in den kommenden Monaten ihre Ausbildung noch einmal intensivieren, erklärte der Ortsbrandmeister. Die Ortsfeuerwehr kann derzeit auf 87 (2022: 81) Einsatzkräfte zurückgreifen. Hinzu kommen 27 Mitglieder in der Jugendfeuerwehr, 24 Mitglieder in der Altersabteilung, 22 Musiker und 428 Förderer der Wehr.
Ihren Diensteid legte Kimberly Romanczyk ab, die gleichzeitig zur Feuerwehrfrau ernannt wurde. Den Dienstgrad Oberfeuerwehrfrau erhielten Kira Romanczyk und Sophie Wöhler. Oberfeuerwehrmann dürfen sich nun Fabian Eggert und Holger Siemer nennen. Zur Hauptfeuerwehrfrau wurde Franziska Saal und zum Hauptfeuerwehrmann Holger Raddatz ernannt. Jörn Neber erhielt zudem als erster Zugführer der Ortsfeuerwehr den Dienstgrad Oberbrandmeister. Zum Hauptfeuerwehrmusiker wurde Ralf Rothausen ernannt, der zudem das Abzeichen des Landesfeuerwehrverbands für 25-jährige Mitgliedschaft als Feuerwehr-Musiker erhielt. Er wurde zudem als neuer Zugführer als Nachfolger von Sylvia Riedel von der Versammlung bestätigt. Weiter im Amt bleibt der Zugführer des 1. Zuges, Jörn Neber. Der Zugführer des 2. Zuges heißt nun Sebastian von Pawelsz, der die Nachfolge von Christian Schulz antritt.
Mit 142 Einsätzen (2022: 82) stiegen die Einsatzzahlen im vergangenen Jahr deutlich, was aber einerseits in einem geringen Niveau während der Pandemie aber auch mehreren Sturmlagen im vergangenen Jahr begründet liege. 55 Brandeinsätze, 84 technische Hilfeleistungen, 3 Fehlalarme und 1 Brandsicherheitswachdienst stehen in den Berichtsbüchern. 10964 Stunden leisteten die Mitglieder der Ortsfeuerwehr gesamt.
Da in Zukunft die Vegetationsbrände vermutlich zunehmen werden, hatte Stadtbrandmeister Carsten Rüder neue Waldbrandkarten dabei. Ehrenamtlich wurden diese in rund 200 Stunden in Handarbeit von Uwe Räther und Rim Rathmann von der Ortsfeuerwehr Wettmar für alle Ortsfeuerwehren Burgwedels angefertigt und beinhalten nicht nur alle Löschwasser-Entnahmestellen im Stadtgebiet, sondern auch die landwirtschaftlichen Beregnungsbrunnen, aus denen im Notfall per Adapter Wasser entnommen werden kann.
Die Mitglieder der Ortsfeuerwehr leisteten nicht nur viele Stunden im Einsatz- und Ausbildungsdienst, sondern waren ebenso bei Veranstaltungen im Ort im Einsatz, sei es bei eigenen oder aber wie beispielsweise dem Schützenverein oder Ortsrat. "Was wäre der Ort ohne Euch?" fragte Ortsbürgermeister Rolf Fortmüller rhetorisch und dankte "mit großem Respekt" für den Einsatz im Ort. "Das ist eine Selbstverständlichkeit für uns", gab Tibor Biczok zurück.
"Für mich ist die Feuerwehr zu einer Familie geworden", betonte Barbara Tillmann und erntete für ihre Feststellung großen Applaus. Sie wurde zusammen mit ihrem Mann für 40-jährige Mitgliedschaft in der Feuerwehr mit dem Feuerwehr-Ehrenzeichen des Landesfeuerwehrverbandes geehrt. Für 50-jährige aktive Feuerwehrtätigkeit wurde Frank Feyerabend mit dem Niedersächsischen Feuerwehrehrenzeichen ausgezeichnet. Ebendiese Auszeichnung hätte auch Klaus Bade bekommen. Er hatte sich allerdings beim Aufbau vor der Versammlung verletzt und konnte daher die Ehrung nicht entgegennehmen. Beide sind Gründungsmitglieder der Jugendfeuerwehr, die am 30. April 2023 ihren 50. Geburtstag mit einem Tag der offenen Tür begehen wird. Für 40-jährige aktive Mitgliedschaft wurde der stellvertretende Ortsbrandmeister Carsten Moss und für 25-jährige aktive Mitgliedschaft wurden Burkhard Klotzke und Dr. Matthias Jelinski geehrt.
Die Ehrennadel des Regionsfeuerwehrverbandes erhielt für seinen Einsatz der Gerätewart der Ortsfeuerwehr, Jan Buchholz. Die silberne Ehrennadel des Landesfeuerwehrverbandes wurde Christian Schulz an die Uniform gesteckt.
Einen besonderen Dank sprach anschließend Bürgermeisterin Ortrud Wendt aus. "Eine bemerkenswerte Leistung, bemerkenswerter Einsatz, bemerkenswerte Treue" urteilte sie nach dem Jahresbericht und den Ehrungen. Der Feuerwehrdienst sei "Verantwortung und Geborgenheit zugleich", so die Bürgermeisterin, ebenfalls mit Applaus bedacht. Während die Geborgenheit aus der Gemeinschaft komme, so übernehme sie die Verantwortung. "Ich gebe mein bestens, um hier zu vernünftigen Lösungen zu kommen", betonte sie hinschlich eines neuen Feuerwehrhauses für die Schwerpunktfeuerwehr. Es würden mit der Feuerwehr offene und konstruktive Gespräche geführt.
1,4 Millionen Euro sind im Haushalt alleine für dieses Jahr für die Burgwedeler Feuerwehren aufgeführt und weitere Investitionen wie einen der Neubau in Kleinburgwedel oder aber die neue persönliche Schutzausrüstung für alle Burgwedeler Feuerwehrkräfte im Wert von rund 500.000 Euro seien "ein großer Schluck aus der Pulle", dabei sei "der Haushalt unter Wasser" und gebe auch keine Anzeichen, dass "es sich ins positive dreht", erklärte die Bürgermeisterin und ergänze: "Der Kuchen, den wir verteilen können, wird nicht größer. Es müssen Prioritäten gesetzt werden." Mit guten Argumenten, was im Feuerschutz und der öffentlichen Sicherheit der Fall sei, sei diese hohe Priorität für sie gegeben.
Der Ortsbrandmeister erklärte dazu: "Wir müssen nicht die Bürgermeisterin oder das Ordnungsamt von der Notwendigkeit eines neuen Feuerwehrhauses überzeugen, sondern es gibt andere Gremien, die manch andere Meinung vertreten." Hier heiße es nun "überzeugen und nicht überreden", so Tibor Biczok, damit die notwendigen Mittel für die Investitionen bereitgestellt werden.